April 2025
1. Änderung der Gewinnermittlungsart bei Einnahmen-Überschuss-Rechnung
Eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ist grds. der Regelfall. Eine Gewinnermittlung durch sog. Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) kommt hingegen nur bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen in Betracht. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Streitfall insoweit zur Änderung der Gewinnermittlungsart bei EÜR entschieden. Die praktischen Einzelheiten sind nachfolgend zu betrachten.
Hintergrund
Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch sog. Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Im Jahr 2012 stellte er die Gewinnermittlung hingegen auf den Betriebsvermögensvergleichum. Insoweit reichte der Kläger beim FA zusammen mit seiner Erklärung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und der Gewerbesteuererklärung eine erstellte Bilanz ein.
Im Januar 2019 fand eine Außenprüfung bei dem Kläger statt, die auch das Streitjahr umfasste. Der Kläger reichte gegen die resultierenden Steuerbescheide Einspruch ein und legte zur Begründung eine geänderte Gewinnermittlung in Form einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nebst Übergangsgewinnermittlung zum 01.01.2016 vor. Das Finanzamt wies die Einsprüche zurück.
Entscheidung
Die zulässige Revision ist begründet.
Ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger hat sein Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich wirksam ausgeübt, wenn er
eine Eröffnungsbilanz aufstellt,
eine kaufmännische Buchführung einrichtet und
aufgrund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss macht.
Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung beziehungsweise der Betriebsvermögensvergleich ist in dem Zeitpunkt erstellt, in dem der Steuerpflichtige sie bzw. ihn fertiggestellt hat und objektiv erkennbar als endgültig ansieht. Nach der Erstellung des Jahresabschlusses kommt folglich die Wahl der Einnahmen-Überschuss-Rechnung grds. nicht mehr in Betracht.
Gemessen daran hat der Kläger sein Wahlrecht, den Gewinn für das Streitjahr durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln, ausgeübt und erfüllt deshalb die Voraussetzungen zu Erstellung einer EÜR nicht mehr. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger im Streitjahr gesetzlich nicht zum Betriebsvermögensvergleich verpflichtet war. Der Kläger ist insoweit an das von ihm ausgeübte Wahlrecht gebunden. In Ausnahmefällen hat die Rechtsprechung jedoch einen solchen Wechsel zugelassen und dabei an die Grundsätze angeknüpft, die für den Wechsel der Gewinnermittlungsart in aufeinanderfolgenden Jahren gelten.
Der Steuerpflichtige bleibt nach einem Wechsel der Gewinnermittlungsart jedoch grds. für drei Wirtschaftsjahre an diese Wahl gebunden; nur bei Vorliegen eines besonderen Grundes kann er vor Ablauf dieser Frist wieder zurückwechseln. Legt der Steuerpflichtige die Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse und einen vernünftigen wirtschaftlichen Grund für den erneuten Wechsel der Gewinnermittlungsart dar, so kann sogar ein mehrfacher Wechsel der Gewinnermittlungsart auf den gleichen Zeitpunkt zuzulassen sein.
Nach diesen Maßstäben war dem Kläger die Änderung der Wahlrechtsausübung nicht mehr möglich.
2. Keine Vorsteuerrückvergütung bei Anzahlungsrechnungen?
Ein Antrag auf Vorsteuervergütung gilt als eingereicht, auch wenn er nur Angaben zur Endrechnung enthält, sofern sowohl die Anzahlungsrechnung und Zahlung als auch die Leistungserbringung und Endrechnung denselben Zeitraum betreffen und die Endrechnung die Umsatzsteuer aus den Anzahlungsrechnungen berücksichtigt.
Hintergrund
Die Klägerin, eine österreichische Kapitalgesellschaft, beantragte beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eine Vorsteuervergütung für den Zeitraum Januar bis Dezember 2017. Der Antrag umfasste Vorsteuerbeträge aus zwei Endrechnungen, in denen Anzahlungsrechnungen und die darauf entfallende Umsatzsteuer abgezogen wurden.
Das BZSt gewährte zunächst eine Vergütung nur für die Restzahlungen aus den Endrechnungen und nicht für die Vorsteuerbeträge der Anzahlungsrechnungen, da diese nicht im Vergütungsantrag enthalten waren. Die Klägerin reichte später Kopien der Anzahlungsrechnungen ein, doch das BZSt wies den Einspruch zurück und hielt an seiner Entscheidung fest, basierend auf der Richtlinie 2008/9/EG, die detaillierte Angaben zu jeder Rechnung im Vergütungsantrag verlangt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied, die Revision des BZSt sei unbegründet und zurückzuweisen. Das Finanzgericht hatte rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Vorsteuervergütung für den Zeitraum Januar bis Dezember 2017 in der von der Klägerin gewünschten Höhe festzusetzen sei.
Wenn
- sowohl die Anzahlungsrechnung und die Zahlung als auch
- die Leistungserbringung und die Endrechnung
denselben Zeitraum betreffen, kann ein Antrag auf Vorsteuervergütung auch dann als eingereicht gelten, wenn er nur Angaben zur Endrechnung enthält. Dies ist der Fall, wenn die Endrechnung die in den Anzahlungsrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer berücksichtigt und die beantragte Vergütung den gesamten Betrag der Vorsteuer umfasst. Das bedeutet, dass die Vorsteuer aus den Anzahlungsrechnungen auch dann erstattet werden kann, wenn sie nicht explizit im Antrag erwähnt wird, solange die Endrechnung die Anzahlungen korrekt absetzt.
Der BFH stellte klar, dass das Prinzip der Mehrwertsteuerneutralität Vorrang vor formellen Anforderungen haben sollte und dass es ausreichend sei, wenn alle relevanten Informationen und Unterlagen vorlägen, um die Berechtigung der Klägerin zum Vorsteuerabzug nachzuweisen.
3. Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb
Die Finanzverwaltung hat eine Änderung bei der Steuerermäßigung für Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb bekannt gegeben. Es geht dabei um Fälle, in denen die Gewerbesteuer erlassen oder wegen Verjährung nicht mehr gezahlt werden muss.
Hintergrund
Nach § 35 des Einkommensteuergesetzes (EStG) soll eine doppelte Steuerbelastung durch Einkommensteuer und Gewerbesteuer vermieden werden. Deshalb kann die Einkommensteuer um das 4-Fache des Gewerbesteuer-Messbetrags reduziert werden. Allerdings gilt diese Steuerermäßigung nur bis zur Höhe der tatsächlich gezahlten Gewerbesteuer.
Bisher galt: Wenn eine Stadt oder Gemeinde die Gewerbesteuer erlässt, wurde die Einkommensteuer später nachträglich erhöht – weil weniger Gewerbesteuer gezahlt wurde, durfte auch weniger Einkommensteuer angerechnet werden.
Neue Regelung der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung hat nun eine neue Regelung getroffen: Wenn die Gewerbesteuer erlassen wird oder die Zahlungsfrist abgelaufen ist, bleibt das jetzt ohne Auswirkungen auf die Steuerermäßigung nach § 35 EStG. Das bedeutet: Die Einkommensteuer wird nicht mehr nachträglich erhöht, nur weil die Gewerbesteuer nicht gezahlt wurde.
Diese Änderung ist eine Erleichterung für Gewerbetreibende, da sie nicht mehr befürchten müssen, dass ein späterer Gewerbesteuererlass zu einer höheren Steuerbelastung führt.
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1. Bundesverfassungsgericht kippt Entscheidung zu Nachtarbeitszuschlägen
Das Bundesverfassungsgericht hat zwei Urteile des Bundesarbeitsgerichts aufgehoben. Es entschied, dass Gerichte nicht selbst über die Höhe von Nachtarbeitszuschlägen bestimmen dürfen. Tarifverträge müssen von den Tarifparteien ausgehandelt werden.
Hintergrund
In vielen Tarifverträgen gibt es unterschiedliche Zuschläge für Nachtarbeit. Wer nur gelegentlich nachts arbeitet, bekommt oft einen höheren Zuschlag als Beschäftigte, die regelmäßig in der Nachtschicht arbeiten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in zwei Fällen entschieden, dass diese Regelung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt und die niedrigeren Zuschläge nach oben angepasst werden müssen.
Entscheidung
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat diese Urteile nun aufgehoben. Es stellte klar, dass die Tarifautonomie ein zentraler Grundsatz ist. Diese besagt, dass Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände eigenständig Löhne und Zuschläge aushandeln dürfen, ohne dass Gerichte in diese Entscheidungen eingreifen. Zwar dürfen Gerichte Tarifverträge auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen, aber sie dürfen keine eigenen Anpassungen vornehmen. Dies ist allein Sache der Tarifparteien.
Ein wichtiger Punkt in der Entscheidung war die Frage, ob es einen sachlichen Grund für die unterschiedlichen Zuschläge gibt. Laut dem BVerfG kann ein höherer Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit gerechtfertigt sein, etwa weil diese weniger planbar ist oder eine höhere Belastung für die Beschäftigten bedeutet.
Das bedeutet: Solange sich die Tarifparteien nicht auf eine Änderung einigen, bleiben die bisherigen Nachtzuschläge bestehen. Damit stärkt das Gericht die Tarifautonomie und bestätigt, dass Löhne und Zuschläge in den Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften geregelt werden müssen.
2. Lohnzuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit können steuerfrei sein
Ob Ostern, Pfingsten oder auch Fronleichnam: Feiertage sind für viele Menschen die Gelegenheit, durchzuatmen. Doch zahlreiche Arbeitnehmer sind auch an diesen Tagen für ihren Arbeitgeber tätig. Dieser Einsatz kann durch steuerfreie Zuschläge belohnt werden – wenn bestimmte Anforderungen beachtet werden.
Hintergrund
Arbeiten an Sonn- und Feiertagen oder auch nachts? In vielen Branchen, wie der Gastronomie oder auch im Gesundheitswesen, gehört das zur normalen Realität. Laut dem Statistischen Bundesamt arbeiten beispielsweise rund 8 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland regelmäßig an Sonntagen.
Manche Arbeitgeber bezahlen für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen oder auch nachts Lohnzuschläge. Entscheidend ist, ob dies gesetzlich, vertraglich oder auch in einem Tarifvertrag geregelt ist. Auch freiwillige Zahlungen sind möglich. Doch wie werden diese Zuschläge lohnsteuerlich behandelt?
Steuerfreie Zuschläge
Ein Zuschlag bleibt steuerfrei, solange er bestimmte Grenzen im Verhältnis zum Grundlohn nicht überschreitet. Als Grundlohn ist gesetzlich der laufende Arbeitslohn definiert, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht. Dieser ist in einen Stundenlohn umzurechnen und mit höchstens 50 Euro anzusetzen. Folgende Zuschlagssätze sind dabei zu beachten:
- Für Nachtarbeit, die zwischen 20.00 und 6.00 Uhr stattfindet, beträgt der steuerfreie Zuschlag maximal 25 % des Grundlohns. Beginnt die Arbeit vor Mitternacht, erhöht sich der steuerfreie Zuschlagssatz auf 40 % für die Zeit von 0.00 bis 4.00 Uhr.
- Sonntagsarbeit ist steuerlich begünstigt in der Zeit von 0.00 bis 24.00 Uhr am Sonntag. Der Zuschlag hierfür ist steuerfrei, soweit er 50 % des Grundlohns nicht übersteigt. Falls die Arbeit vor Mitternacht beginnt, kann der Sonntagszuschlag auch noch für die Zeit von 0.00 bis 4.00 Uhr des nachfolgenden Montags als steuerfrei anerkannt werden.
- Arbeiten an gesetzlichen Feiertagen am Arbeitsort sowie am 31. Dezember ab 14 Uhr können mit bis zu 125 % steuerfrei vergütet werden. Für besondere Feiertage, also den 24. Dezember ab 14 Uhr, den 25. und 26. Dezember sowie den 1. Mai, gilt eine erhöhte Grenze von 150 %.
- Zu beachten ist außerdem, dass beispielsweise Zuschläge für Nachtarbeit und zusätzlich Sonn- und Feiertagsarbeit kombiniert werden können. Nicht nebeneinander begünstigt sind jedoch Zuschläge für Feiertagsarbeit und Sonntagszuschläge.
Werden höhere Zuschläge gezahlt, ist der übersteigende Teil steuerpflichtig. Für Arbeitgeber ist außerdem zu beachten, dass Sonntags-, Feiertags-, und Nachtzuschläge auch sozialversicherungsfrei sein können – allerdings wird hier der Grundlohn mit höchstens 25 Euro angesetzt.
Es ist wichtig, dass die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden dokumentiert werden, da pauschale Zuschläge nicht steuerfrei sind. Die Steuerfreiheit gilt nur für Zuschläge, die im Zusammenhang mit tatsächlich erbrachter Arbeitsleistung gewährt werden.
Damit diese Zuschläge steuerfrei bleiben, muss es wirklich eine zusätzliche Zahlung sein. Man darf den Zuschlag also nicht einfach aus dem normalen Lohn herausrechnen.
Für Arbeitgeber sind Lohnzuschläge eine interessante Option, da sie eine Anerkennung für besondere Arbeitszeiten darstellen und ggf. steuer- und abgabenfrei sind. Wer hier das richtige Konzept wählt, kann steuerbegünstigt Gehaltsextras gewähren und Mitarbeiter für ihren außerordentlichen Einsatz belohnen, binden und motivieren.
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1. Allgemeinverfügung zum Körperschaftsteuerguthaben und Solidaritätszuschlag
Die Finanzverwaltung hat Einsprüche und Änderungsanträge zum Solidaritätszuschlag auf das Körperschaftsteuerguthaben durch eine Allgemeinverfügung abgelehnt.
Hintergrund
Mit Übergang vom Anrechnungsverfahren zum sog. Halbeinkünfteverfahren wurde für Unternehmen ein bestehendes Anrechnungsguthaben festgestellt und dann über 15 Jahre gestreckt ausgezahlt. Einige Steuerzahler forderten jedoch, dass auch ein fiktiver Solidaritätszuschlag erstattet wird. Vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Bundesfinanzhof hatten diese Einwände jedoch keinen Erfolg.
Allgemeinverfügung
Die Finanzverwaltung hat auf diese Rechtsprechung reagiert und alle (am 4.3.2025 anhängigen und zulässigen) Einsprüche und Änderungsanträge zu diesem Thema durch eine Allgemeinverfügung abgelehnt. Wer sich dagegen wehren will, kann innerhalb eines Jahres Klage beim Finanzgericht einreichen.
Hinweis: Welchen Zweck hat eine Allgemeinverfügung? Seit Jahren gibt es eine gesetzliche Regelung in § 367 Abs. 2b Abgabenordnung (AO), die es den Finanzbehörden erlaubt, massenhaft eingereichte Einsprüche in einem einzigen Schritt zurückzuweisen. Dies spart Verwaltungsaufwand und schafft Klarheit für alle Beteiligten.
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1. Allgemeinverfügung weist Einsprüche und Anträge zur Besteuerung von Steuererstattungszinsen zurück
Zinsen auf Steuererstattungen unterliegen der Steuerpflicht. Doch Zinsen, die auf Steuernachzahlungen gezahlt werden müssen, können steuerlich nicht abgesetzt werden. Das hielten viele für ungerecht und legten Einspruch ein. Doch die Rechtsprechung hat entschieden, dass diese Regelung rechtmäßig ist. Die Finanzverwaltung hat hierauf nun reagiert und eine Allgemeinverfügung veröffentlicht.
Hintergrund
Eine Allgemeinverfügung ist eine Entscheidung einer Behörde, die für viele Fälle gleichzeitig gilt. Statt jeden einzelnen Einspruch oder Antrag zu bearbeiten, trifft die Behörde eine einheitliche Regelung für alle Betroffenen. Das spart Zeit und Verwaltungsaufwand. Genau eine solche Allgemeinverfügung wurde nun für die Besteuerung von Steuererstattungszinsen erlassen.
Allgemeinverfügung
Die Finanzbehörden haben alle (am 20.2.2025 anhängigen und zulässigen) Einsprüche und Anträge gegen die Steuerpflicht von Erstattungszinsen mit einer sogenannten Allgemeinverfügung abgelehnt. Das bedeutet, dass Betroffene nun nur noch vor Gericht klagen können – allerdings mit geringen Erfolgschancen. Außerdem muss die Klagefrist von einem Jahr beachtet werden.
2. Besonderes Aussetzungsinteresse bei Antrag aus Aussetzung der Vollziehung
Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei verfassungsrechtlichen Zweifeln hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn ein besonderes Aussetzungsinteresse besteht. Dies hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in einem Urteil betont.
Hintergrund
Wenn man gegen einen Steuerbescheid Einspruch einlegt, muss die geforderte Steuer grundsätzlich dennoch bezahlt werden. Wer das für ungerecht hält und finanzielle Nachteile befürchtet, kann beim Finanzamt oder Gericht die sogenannte Aussetzung der Vollziehung beantragen.
Mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung soll erreicht werden, dass man eine Steuerzahlung oder einen Steuerbescheid vorerst nicht zahlen oder befolgen muss, solange ein Einspruch oder eine Klage dagegen läuft.
Entscheidung
Die Aussetzung der Vollziehung wird bei verfassungsrechtlichen Zweifeln allerdings nur gewährt, wenn der Antragsteller ein besonderes Interesse daran hat. Dieses Interesse muss schwerer wiegen als das öffentliche Interesse daran, dass das Gesetz sofort angewendet wird. So entschied das Finanzgericht Berlin-Brandenburg.
In dem verhandelten Fall ging es um einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines Grundsteuerwertbescheides. Der Antrag wurde abgewiesen, jedoch die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen. Nun bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof bei seiner bisherigen Rechtsprechung bleibt und ein besonderes Aussetzungsinteresse verlangt.
3. Gutachten zur Besteuerung von Renten
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat zwei wissenschaftliche Gutachten veröffentlicht, die bestätigen, dass es keine neuen Gesetze zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung von Renten braucht.
Hintergrund
Einige Rentner hatten sich vor Gericht beschwert, weil sie glaubten, ihre Rente werde doppelt besteuert – also sowohl beim Einzahlen in die Rente als auch beim Auszahlen der Rente. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte diese Beschwerden aber zurückgewiesen und erstmals genau festgelegt, wie man eine doppelte Besteuerung berechnet. Dabei ging er davon aus, dass so eine Doppelbesteuerung in jedem einzelnen Fall vermieden werden muss.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nahm die Beschwerden nicht zur Entscheidung an. Es erklärte aber, dass die Vorgabe von 2002, wonach eine doppelte Besteuerung vermieden werden soll, nicht zwingend für jeden Einzelfall gilt. Der Gesetzgeber muss jedoch beachten, nicht ganze Rentnergruppen oder Jahrgänge systematisch zu benachteiligen.
Gutachten: Bestehende Regeln sind ausreichend
Nach diesen Gerichtsentscheidungen ließ das BMF zwei Gutachten von Experten (Prof. Dr. Hanno Kube, LL.M. (Cornell) und Prof. Dr. Gregor Kirchhof, LL.M. (ND)) erstellen. Ziel war es dabei festzustellen, ob noch weitere gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen sind. Doch beide Experten kamen zu dem Schluss, dass die aktuellen Steuerregeln für Renten rechtlich in Ordnung sind.
Seit 2023 wurden einige Anpassungen gemacht, um die Besteuerung fairer zu gestalten. Zum Beispiel wurde die steuerliche Absetzbarkeit von Altersvorsorgebeiträgen verbessert, und der steuerpflichtige Anteil der Rente steigt nun langsamer an. Die Gutachten bestätigen, dass diese Änderungen ausreichen, um das Steuersystem gerecht und praktikabel zu halten. Neue gesetzliche Maßnahmen sind daher nicht notwendig.
Kein Vorläufigkeitsvermerk mehr
Mit einer vorläufigen Festsetzung der Einkommensteuer wurden bisher Fälle zur Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung offengehalten. Das Finanzministerium Thüringen hat im Rahmen der Berichterstattung zu den beiden Gutachten darüber informiert, dass Einkommensteuerfestsetzungen im Hinblick auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung der Renten nicht mehr vorläufig erfolgen.
4. Steuerliche Behandlung eines Preisgeldes für wissenschaftliche Publikationen
Das Preisgeld für eine Habilitationsschrift kann als nicht steuerbare Einnahme eingestuft werden.
Hintergrund
Der Kläger war von 2006 bis 2011 wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Universität und zusätzlich 2010 am Z-Institut. Nebenberuflich war er von 2012 bis 2014 Lehrer an der Universität A.
Er schrieb von 2006 bis 2014 insgesamt acht Artikel, die in Fachzeitschriften veröffentlicht wurden, und erhielt 2016 die Habilitation.
Im Jahr 2018 arbeitete er hauptberuflich als Professor und freiberuflich als Dozent und Berater. Er bekam einen Wissenschaftspreis für seine Habilitationsarbeiten.
Das Finanzamt rechnete das Preisgeld bei den freiberuflichen Einkünften.
Den Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Es änderte lediglich die Besteuerungsgrundlagen insoweit, als es das Preisgeld den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuordnete. Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht ab. Während des Klageverfahrens erließ das Finanzamt einen Änderungsbescheid, in dem es das Preisgeld der Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 EStG unterwarf.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied zugunsten des Klägers. Das Preisgeld ist keine steuerbare Einnahme.
Es gehört nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Arbeitslohn kann auch von Dritten kommen, wenn es für eine Leistung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses gewährt wird. Allerdings wurde das Preisgeld nicht wegen der Arbeit als Professor verliehen, sondern für die wissenschaftlichen Leistungen des Klägers vor seiner Professur.
Das Finanzgericht sah das Preisgeld fälschlicherweise als Ertrag aus der Tätigkeit des Klägers an der Hochschule. Der Preis hatte damit aber nichts zu tun. Die Arbeiten des Klägers waren größtenteils vor seiner Zeit als Professor entstanden und sind keine Frucht seiner Hochschullehrertätigkeit.
Das Preisgeld ist auch keine Betriebseinnahme aus freiberuflicher Tätigkeit, da es nicht für seine Arbeit als Dozent und Berater verliehen wurde. Zudem kann es keine Einnahme aus sonstigen Leistungen sein, weil der Kläger die Arbeiten nicht speziell wegen des Preises geschrieben hat.
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1. Gewinnermittlungsverbot bei PV-Anlagen
Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) sind für Steuersparer regelmäßig ein cleveres Investment. Die Finanzrechtsprechung des FG Nürnberg hat hierbei entschieden, ob die steuerbefreite Möglichkeit des Betriebs einer PV-Anlage in bestimmten Grenzen auch eine Befreiung von der Gewinnermittlungspflicht begründet.
Hintergrund
Der Kläger betrieb auf einer Scheune eine PV-Anlage mit einer installierten Leistung lt. Marktstammdatenregister i. H. v. 11,7 kWp. Weitere PV-Anlagen betrieb er nicht. Die Umsatzsteuerjahreserklärung 2021 wurde beim Finanzamt elektronisch eingereicht. Ein Umsatzsteuerjahresbescheid wurde nicht erteilt. Der Kläger hat den Nachzahlungsbetrag an das Finanzamt überwiesen.
Für das Jahr 2022 reichte er eine Gewinnermittlung durch sog. Einnahmen-Überschuss-Rechnung ein, in der als einziger Posten die Umsatzsteuer für 2021 als Betriebsausgabe erschien. Entsprechend machte er in seiner Einkommensteuererklärung 2022 einen Verlust aus Gewerbebetrieb geltend. Im Einkommensteuerbescheid 2022 ließ das Finanzamt diesen Verlust jedoch außer Ansatz. Hiergegen legte der Kläger erfolglos Einspruch ein.
Entscheidung
Die Klage ist unbegründet.
Die Vorschrift des § 3 Nr. 72 Satz 2 EStG besagt, dass für den Betrieb von begünstigten PV-Anlagen kein Gewinn ermittelt werden darf. Das bedeutet, dass ab dem Veranlagungszeitraum 2022 grundsätzlich keine Betriebsausgaben mehr abgezogen werden können, selbst wenn diese Ausgaben auf steuerpflichtige Einnahmen aus früheren Veranlagungszeiträumen entfallen. Dieses Gewinnermittlungsverbot gilt insbesondere für kleinere Photovoltaikanlagen, deren Einnahmen steuerfrei sind. Betriebsausgaben wie Umsatzsteuernachzahlungen aus früheren Jahren dürfen ebenfalls nicht abgezogen werden, wenn die Einnahmen im aktuellen Veranlagungszeitraum steuerfrei sind.
Die PV-Anlage auf der Scheune des Klägers zählt zu den begünstigten PV-Anlagen i.S.d. § 3 Nr. 72 Satz 2 EStG.
Die Umsatzsteuernachzahlung 2021 unterfällt daher dem Gewinnermittlungsverbot.
Hinweis:
Steuerfrei sind regelmäßig die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb von auf, an oder in Gebäuden (einschließlich Nebengebäuden) vorhandenen Photovoltaikanlagen, wenn:
die installierte Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister bis zu 30 Kilowatt (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit
und
insgesamt höchstens 100 Kilowatt (peak)
pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft beträgt.
2. Mieterstrom als eigenständige Hauptleistung
Das Finanzgericht (FG) Münster hat entschieden, dass die Lieferung von Strom an Mieter nicht als unselbstständige Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung zu betrachten ist. Stattdessen stellt sie eine eigenständige Hauptleistung dar. Daraus folgt, dass Vermieter, die in eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage) investieren, den Vorsteuerabzug in vollem Umfang geltend machen können.
Hintergrund
Im konkreten Fall hatte ein Vermieter im Jahr 2018 eine PV-Anlage auf seinem Mehrfamilienhaus installiert und lieferte den dort erzeugten Strom an seine Mieter. Zusätzlich bezog er externen Strom, um eine lückenlose Versorgung sicherzustellen.
Das Finanzamt verweigerte ihm jedoch den vollständigen Vorsteuerabzug mit der Begründung, dass die Stromlieferung als Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung zu werten sei. Da die Vermietung nicht der Umsatzsteuer unterliegt, könne der Vorsteuerabzug für die PV-Anlage nicht vollständig geltend gemacht werden.
Entscheidung
Das FG Münster widersprach dieser Auffassung und gab dem Kläger recht. Entscheidend sei, dass die Mieter die Möglichkeit hatten, ihren Stromanbieter selbst zu wählen. Dies werde durch das gesetzliche Koppelungsverbot von Miet- und Stromlieferungsverträgen gestützt.
Zudem sei der Stromverbrauch der Mieter individuell messbar und werde getrennt abgerechnet. Damit sei die Stromlieferung als eigenständige, umsatzsteuerpflichtige Leistung zu betrachten, unabhängig von der Wohnraumvermietung.
Hinweis: Nullsteuersatz ab 2023
Bei der Umsatzsteuer wurde durch das Jahressteuergesetz 2022 für ab dem 1.1.2023 installierte "kleinere" Photovoltaikanlagen ein neuer sog. Nullsteuersatz geschaffen. Der Umsatzsteuersatz für eine gelieferte Photovoltaikanlage beträgt 0 %. Ein Vorsteuerabzug ist dann mangels ausgewiesener Umsatzsteuer nicht möglich.
3. Neue Grundsteuer in Hessen ist verfassungsgemäß
Das Hessische Finanzgericht hat entschieden, dass die neue Regelung zur Grundsteuer in Hessen verfassungsgemäß ist.
Hintergrund
Seit dem 1. Januar 2025 gilt in Deutschland eine neue Berechnung der Grundsteuer. Jedes Bundesland konnte entscheiden, ob es das sogenannte Bundesmodell oder eine eigene Regelung nutzt. Ziel der Reform ist es, die Grundsteuer gerechter zu gestalten und verfassungsfest zu machen. Die Umsetzung der Reform war jedoch alles andere als einfach. Und zudem gibt es nach wie vor Zweifel, ob die jeweiligen Modelle verfassungsgemäß sind. Aus diesem Grund befassen sich die Gerichte nun regelmäßig mit dieser Frage.
Auch das Hessische Finanzgericht verhandelte einen entsprechenden Fall: Eine Grundstückseigentümerin klagte gegen ihren Grundsteuerbescheid. Sie fand, dass die neue Berechnung nicht verfassungsgemäß sei, weil sie nicht die tatsächlichen Infrastrukturkosten der Gemeinden berücksichtigt. Dies verstoße nach Ansicht der Klägerin gegen das Bestimmtheitsgebot und Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Entscheidung
Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Das Gericht sah keinen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot. Die Berechnung der Steuer ist vorhersehbar und daher rechtlich in Ordnung. Sie knüpft an das Eigentum an und somit ist das Leistungsfähigkeitsprinzip laut Auffassung des Finanzgerichts nicht verletzt. Das Gericht stellte klar, dass die Grundsteuer keine direkte Gegenleistung für eine bestimmte staatliche Leistung ist. Daher müssen die Infrastrukturkosten der Gemeinden nicht in die Berechnung einfließen.
Das Gericht sieht es als unbedenklich an, dass das Gesetz allein auf die Grundstücks- und die Gebäudegröße abstellt. Auch die Lage des Grundstücks kann berücksichtigt werden, solange nicht nur der Bodenrichtwert als Bemessungsgrundlage zur Steuerermittlung entscheidend ist.
Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof sich mit dem Fall aus Hessen befassen wird. Da das Thema grundsätzliche von Bedeutung ist, wurde eine Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
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1. Befreiung von der Schenkungsteuer bei üblichen Gelegenheitsgeschenken
Von der Schenkungsteuer sind grds. sog. übliche Gelegenheitsgeschenke nach § 13 Nr. 14 ErbStG steuerbefreit. Dieser Beitrag geht näher auf die Voraussetzungen ein, um eine Steuerbefreiung im Einzelfall letztlich nicht zu riskieren.
Hintergrund:
Steuerfrei im Rahmen der Schenkungsteuer bleiben die üblichen Gelegenheitsgeschenke.
Als übliche Gelegenheitsgeschenke sind nach einhelliger Rechtsauffassung regelmäßig solche Aufwendungen anzusehen, die sowohl vom Anlass her als auch nach ihrer Art (i.d.R. bewegliche Gegenstände) und ihrem Wert in überwiegenden Kreisen der Bevölkerung verbreitet sind.
Übliche Anlässe, bei denen Gelegenheitsgeschenke gemacht werden, sind regelmäßig insbesondere:
Geburtstage,
Weihnachten,
Hochzeiten.
Letztlich ist immer auf das Gesamtbild des Einzelfalles abzustellen, wobei als Kriterien der verwandtschaftlichen bzw. persönlichen Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem:
der Anlass des Geschenkes,
die Vermögensverhältnisse des Schenkers und
die Wiederholbarkeit des Geschenkes
zu berücksichtigen sind.
Beispiel: Oma Lisbeth schenkt ihrem einzigen Enkel Bernd ein neues Handy (Verkehrswert 1.000 EUR) zum Geburtstag. Zu Weihnachten spendiert Oma Lisbeth ihrem Enkel Bernd einen Urlaub zwecks Flugreise nach China (Wert 1.500 EUR). Bernd hatte als schulischen Leistungskurs Chinesisch gewählt und kann somit seine chinesischen Sprachkenntnisse optimal festigen.
Lösung: Oma Lisbeth hat ihrem Enkel Bernd durch Schenkung des Handys (Verkehrswert 1.000 EUR) sowie der Flugreise nach China (Wert 1.500 EUR) jeweils ein übliches Gelegenheitsgeschenk überlassen. Dieses ist jeweils grds. in voller Höhe nach § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG von der Schenkungsteuer befreit.
Wertgrenze bei Gelegenheitsgeschenken?
In der Praxis stellt sich die Frage, bis zu welcher Höhe etwaige Schenkungen insoweit als steuerbefreite Gelegenheitsgeschenke gelten. Bisher hat sich hierbei dem Grunde nach kein allgemeiner Maßstab für die absolute Höhe eines üblichen Gelegenheitsgeschenks herausgebildet. Obwohl allgemeine Regeln nicht festgelegt werden können, bleibt selbst bei großem Wohlstand eine Grenze bestehen, die sich aus der allgemeinen Auffassung über die Üblichkeit von Geschenken herleitet.
Übersteigt ein Geschenk somit den in diesem Sinne üblichen Rahmen, ist es in vollem Umfang steuerpflichtig. Hierbei kann in der Praxis jedoch dem Grunde nach auf die steuerfreien Freibeträge des § 16 ErbStG zurückgegriffen werden. Steuerfrei bleibt in den Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht insoweit insbesondere der Erwerb:
des Ehegatten und des Lebenspartners i.H.v. 500.000 EUR,
der Kinder und der Kinder verstorbener Kinder i.H.v. 400.000 EUR,
der Kinder der Kinder i.H.v. 200.000 EUR,
der Personen der Steuerklasse II (u.a. Geschwister, Stiefeltern, Schwiegerkinder, etc.) i.H.v. 20 000 EUR,
der Personen der Steuerklasse III (alle übrigen Erwerber) und die Zweckzuwendungen i.H.v. 20.000 EUR.
Beispiel: Ein sehr vermögender Vater, der mehrfacher Millionär ist, überträgt seiner Tochter eine Eigentumswohnung (Verkehrswert 500.000 EUR) zum 18. Geburtstag zur Volljährigkeit. Nach kürzlicher Scheidung von seiner Ehefrau hatte der Vater berufsbedingt bisher wenig Zeit für seine Tochter, weswegen seine Schenkung zur üblichen Gelegenheit des Geburtstags etwas großzügiger ausfiel.
Lösung: Der Vater hat seiner Tochter Inga durch Schenkung der Eigentumswohnung (Verkehrswert 500.000 EUR) kein übliches Gelegenheitsgeschenk gemacht. Der persönliche Freibetrag eines Kindes beträgt insoweit 400.000 EUR (§ 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ErbStG). Dieser kann grds. als hilfsweise Höhengrenze eines üblichen Gelegenheits-geschenks herangezogen werden.
Da die Schenkung der Eigentumswohnung zum Verkehrswert i.H.v. 500.000 EUR den persönlichen Freibetrag insoweit übersteigt, handelt es sich somit um kein steuerbefreites Gelegenheitsgeschenk, auch wenn der Vater sehr vermögend ist. Die Schenkung ist außerhalb des persönlichen Freibetrags grds. in voller Höhe steuerpflichtig.
2. Steuerermäßigung bei Erbschaftsteuer-Belastung
Durch die Steuerermäßigung des § 35b EStG wird bei Belastung mit Erbschaftsteuer eine Doppelbesteuerung von Erben vermieden. Die Ermäßigung gilt für Einkünfte, die nach dem Erbfall sowohl der Erbschaft- als auch der Einkommensteuer unterliegen. Die Steuerermäßigung bietet Erben eine erhebliche steuerliche Entlastung, erfordert jedoch eine frühzeitige Planung und Antragstellung.
Hintergrund
Die Steuerermäßigung nach § 35b EStG steht nur für Erbfälle zur Verfügung, die nach dem 31.12.2008 eingetreten sind. Diese zeitliche Grenze ist eine Folge der Reform des Erbschaftsteuerrechts, die darauf abzielte, eine gerechtere Besteuerung von Erbschaften zu schaffen.
Hinweis: Schenkungen sind hierbei von der Ermäßigung ausgeschlossen, obwohl auch bei Schenkungen eine Doppelbelastung durch Schenkungsteuer und Einkommensteuer auftreten kann.
Eine der zentralen Voraussetzungen für die Anwendung des § 35b EStG ist, dass etwaige Einkünfte oder Vermögenswerte sowohl der Einkommensteuer als auch der Erbschaftsteuer unterliegen. Diese Regelung betrifft insbesondere Einkünfte aus dem Nachlass, die nach dem Erbfall erzielt werden, jedoch bereits bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer eine Rolle gespielt haben.
Typische Beispiele in der Praxis sind somit:
Gewinne aus dem Verkauf von Unternehmensbeteiligungen,
Einnahmen aus Mietforderungen oder
nachträgliche Betriebseinnahmen.
Die Steuerermäßigung ist jedoch nur für solche Einkünfte möglich, die beim Erblasser noch nicht erfasst wurden.
Beachte: Die Steuerermäßigung nach § 35b EStG wird aber nicht automatisch gewährt, sondern erfordert einen Antrag des Steuerpflichtigen. Dieser Antrag kann im Jahr des Erbfalls oder in einem der vier darauffolgenden Jahre gestellt werden. Verpasst der Steuerpflichtige diese Frist, entfällt die Möglichkeit, die Steuerermäßigung in Anspruch zu nehmen.
Berechnung der Steuerermäßigung
Zuerst wird die reguläre Einkommensteuer auf die Einkünfte berechnet, die der Erbschaftsteuer unterlagen. Danach werden von dieser Steuer mögliche Ermäßigungen abgezogen, wie zum Beispiel für Handwerkerleistungen oder haushaltsnahe Dienstleistungen. Der verbleibende Betrag wird dann um einen bestimmten Prozentsatz reduziert. Dieser Prozentsatz ergibt sich aus dem Verhältnis der festgesetzten Erbschaftsteuer zu dem steuerpflichtigen Erwerb. Das bedeutet, dass die Höhe der Erbschaftsteuer im Vergleich zu den steuerpflichtigen Einkünften bestimmt, wie stark die Einkommensteuer reduziert wird.
Beispiel: Angenommen, ein Erbe erhält eine Unternehmensbeteiligung (Privatvermögen), deren stille Reserven bereits der Erbschaftsteuer unterlagen. Wenn der Erbe diese Beteiligung veräußert und einen Gewinn erzielt, unterliegt dieser Gewinn der Einkommensteuer.
Lösung: Da die stillen Reserven jedoch bereits bei der Erbschaftsteuer erfasst wurden, kann der Erbe einen Antrag auf Steuerermäßigung nach § 35b EStG stellen. Der genaue Prozentsatz der Ermäßigung hängt von der Höhe der bereits gezahlten Erbschaftsteuer ab.