Wenn der Eigentümer einem Dritten ein dingliches oder obligatorisches Nutzungsrecht einräumt, muss immer geprüft werden, ob und inwieweit der Eigentümer oder der Nutzungsberechtigte den Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllt oder ob es sich um Kaufpreiszahlungen für die Veräußerung einer Immobilie handelt.
Hintergrund
Der Kläger erzielte aus dem notariell beurkundeten Nießbrauchsvertrag v. 2.10.2008 über das Objekt D Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Laut Nießbrauchsvertrag wurde der Fa. AA GmbH & Co. B KG ("KG") ein Nießbrauch an dem Objekt bestellt. Als Gegenleistung verpflichtete sich diese dazu, den Kläger von der Zahlung von Zins und Tilgung aus einer Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Bank freizustellen. Das Finanzamt setzte die vom Nießbraucher zu zahlenden Beträge als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung an. Als Ausgaben berücksichtigte es die AfA und die vom Kläger getragenen Kosten (Zinszahlungen).
Der Kläger war der Ansicht, dass es sich rechtlich nicht um laufende Zahlungen der KG für die zeitlich befristete Einräumung eines Nießbrauchs, sondern um Kaufpreiszahlungen für die Veräußerung der Immobilie handelte. Denn im Notarvertrag war Frau H ein Ankaufsrecht am Grundstück eingeräumt worden und das wirtschaftliche Eigentum demzufolge bereits am 2.10.2008 auf die KG übergegangen. Dem folgte das Finanzamt nicht.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der Kläger aus entgeltlichem Nießbrauch aus dem Objekt D Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat. Ist das zugewendete Nutzungsrecht wie hier der Nießbrauch entgeltlich bestellt, hat der Eigentümer das für die Bestellung gezahlte Entgelt grundsätzlich im Jahr des Zuflusses bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Die dingliche Natur des Rechts steht der Zurechnung des Entgelts zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung nicht entgegen, da die Begriffe Vermietung und Verpachtung einkommensteuerrechtlich weit auszulegen sind und auch wirtschaftlich vergleichbare Nutzungsüberlassungen einschließen.
Übt allerdings ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen. Ein wirtschaftlicher Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers wird von der Rechtsprechung angenommen, wenn der Her-ausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat oder wenn dem Eigentümer überhaupt kein Herausgabeanspruch mehr zusteht. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen.
Hiernach kann ein Wirtschaftsgut einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen sein, wenn es ihm aufgrund eines "Mietkaufvertrags" überlassen wird. Darunter versteht man Vereinbarungen, in denen Elemente eines Mietvertrags mit denen eines Kaufvertrags verbunden sind. Diese Verträge können so gestaltet sein, dass sie bei wirtschaftlicher Bewertung von Anfang an als Kaufverträge anzusehen sind. Maßgebend ist, ob die Vertragsbedingungen so ausgestaltet sind, dass der Mieter vernünftigerweise keine andere Wahl hat, als von seinem Ankaufsrecht Gebrauch zu machen, sodass der Mieter von Anfang an daran interessiert ist, Eigentum zu erwerben. Wesentliche Kriterien sind Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Mietkäufer.
Vorliegend waren die Vertragsbedingungen nicht so ausgestaltet, dass der Nießbraucher keine andere Wahl hatte, als von seinem Ankaufsrecht Gebrauch zu machen. Die KG als Nießbrauchsberechtigte konnte nicht wählen. Ihr ist keine Kaufoption eingeräumt worden. Das Ankaufsrecht war Frau H eingeräumt worden, die aber nicht Nießbraucherin war. Nießbraucher (KG) und Käufer (Frau H) waren nicht personenidentisch.
Für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, gilt nicht der ermäßigte Steuersatz, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind. Bezüglich dieses Auftei-lungsgebots ist ernstlich zweifelhaft, ob es mit Unionsrecht vereinbar ist.
Hintergrund
Die X-GmbH betreibt ein Hotel. In der Umsatzsteuer-Erklärung 2017 ging sie davon aus, dass Übernachtung, Frühstück und Spa eine einheitliche Leistung zum ermäßigten Steuersatz von 7 % ist. Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass es sich um jeweils eigenständige Leistungen handelte, von denen die Übernachtung dem ermäßigten (7 %) und Frühstück sowie Spa dem Regelsteuersatz (19 %) zu unterwerfen sind. Hiergegen legte die X Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist. Zugleich beantragte sie beim Fi-nanzamt die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Umsatzsteuer-Bescheids. Das Finanzamt lehnte die AdV ab. Auch hiergegen legte die X Einspruch ein, über den ebenfalls noch nicht entschieden ist.
X beantragte darauf AdV beim Finanzgericht, das den Antrag ablehnte. An der Rechtmäßigkeit des angefoch-tenen Umsatzsteuer-Bescheids 2017 bestanden seiner Ansicht nach keine ernstlichen Zweifel. Das Auftei-lungsgebot ist unionsrechtskonform. Auch eine unbillige Härte ist nicht erkennbar.
Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts wendet sich X mit einer Beschwerde.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof bejahte die ernstlichen Zweifel am Aufteilungsgebot für Hotelübernachtungen mit Zu-satzleistungen. Damit war die Beschwerde für das Jahr 2017 begründet. Der Bundesfinanzhof setzte die Voll-ziehung des Umsatzsteuer-Änderungsbescheids 2017 bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung einer Entscheidung im Einspruchsverfahren aus.
Frühstück und Spa gehören bisher zu den Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen und des-halb von der Steuersatzermäßigung ausgenommen sind. Dies gilt auch, soweit diese weiteren Leistungen als Nebenleistungen zu der ermäßigt zu besteuernden Übernachtungsleistung, der Hauptleistung, erbracht werden. Das Aufteilungsgebot für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, wurde vom Bundes-finanzhof bisher als unionsrechtskonform angesehen.
Nach Ergehen des EuGH-Urteils Stadion Amsterdam sieht der Bundesfinanzhof es als fraglich an, ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist. Der EuGH hat dort entschieden, dass eine einheitliche Leistung, die aus 2 separaten Bestandteilen (Haupt- und einem Nebenbestandteil) besteht, nur zu dem für den Hauptbestandteil geltenden Mehrwertsteuersatz zu besteuern ist, und zwar auch dann, wenn der Preis jedes Bestandteils be-stimmt werden kann. Hieraus könnte für das Aufteilungsgebot folgen, dass bei unselbstständigen Nebenleis-tungen die gesamte einheitliche Leistung dem ermäßigten Steuersatz der Hauptleistung "Übernachtung" zu unterwerfen ist.
Angesichts dieser ungeklärten und umstrittenen Rechtslage ist die beantragte AdV zu gewähren. Ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärenden Fragen grundsätzlich nicht im summarischen Beschluss-verfahren der AdV zu entscheiden. Die Klärung muss vielmehr dem Hauptsacheverfahren, d. h. im Rahmen einer noch zu erhebenden Klage, vorbehalten bleiben.
Die fast ausschließliche betriebliche Nutzung eines Pkw kann im Rahmen des Investitionsabzugsbetrags und der Sonderabschreibung nach § 7g EStG durch ein Fahrtenbuch erbracht werden. Aber auch andere Beweismittel sind möglich.
Hintergrund
Der selbstständig tätige Rechtsanwalt R hatte in den Jahren 2009 und 2013 für die künftige Anschaffung eines Pkw jeweils einen Investitionsabzugsbetrag gebildet.
Im Jahr 2011 schaffte er einen Pkw (Audi Q 5) an, den er bis 2016 behielt. Für das Fahrzeug nahm er im Jahr 2013 eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG in Anspruch. Im Jahr 2016 erwarb er einen weiteren Audi Q 5. Beide Fahrzeuge ordnete er dem Betriebsvermögen zu.
Daneben hielt R einen weiteren Pkw (BMW Z 4) im Betriebsvermögen, der von seiner in der Kanzlei ange-stellten Ehefrau auch für private Fahrten genutzt wurde. Zudem stand R selbst ein weiterer Pkw für Privat-fahrten zur Verfügung.
Das Finanzamt war der Auffassung, die beiden in den Jahren 2009 und 2013 angeschafften Pkw seien auch für private Zwecke genutzt worden. Da die von R geführten Aufzeichnungen nicht als ordnungsgemäßes Fahrtenbuch anerkannt werden könnten, war die ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nut-zung nicht nachgewiesen. Dieser Nachweis kann nur durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch erbracht wer-den. Die Berechnung nach der 1 %-Methode genügt nicht, da diese Methode auf einer etwa 20 %igen Privat-nutzung beruht. Der Investitionsabzugsbetrag und die Sonderabschreibung sind daher rückgängig zu machen.
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung war we-gen der fehlerhaften Aufzeichnungen nicht erbracht worden.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied, dass die fast ausschließliche betriebliche Nutzung nicht nur durch ein ord-nungsgemäßes Fahrtenbuch, sondern auch durch andere Unterlagen nachgewiesen werden kann.
Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibung setzen voraus, dass das Wirtschaftsgut im Jahr der An-schaffung oder Herstellung und im darauffolgenden Wirtschaftsjahr ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird. In beiden Fällen ist eine betriebliche Nutzung von mindestens 90 % erforderlich. Der Nachweis obliegt dem Steuerpflichtigen.
Zu einem ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuch gehört, dass es zeitnah und in geschlossener Form geführt ist und die zu erfassenden Fahrten vollständig und fortlaufend wiedergibt. Diese Anforderungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die lückenhaften Aufzeichnungen des R sind daher nicht geeignet, den erforderlichen Nachweis der fast ausschließlich betrieblichen Nutzung zu erbringen.
Der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung ist nicht auf ordnungsgemäße Fahrtenbücher beschränkt. Er kann auch durch andere Beweismittel geführt werden. Denn die Fahrtenbuchmethode stellt keine allgemeine Vorschrift zum Nachweis der Nutzungsanteile von Kfz dar. Ihre Anwendung kommt daher im Rahmen des § 7g EStG nicht in Betracht.
Beim Fehlen ordnungsgemäßer Fahrtenbücher kann der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Pkw auch nicht anhand der 1 %-Regelung geführt werden. Denn der Durchschnittswert von monatlich 1 % des Bruttolistenpreises entspricht etwa einer Privatnutzung von 20 bis 25 %, also mehr als nur 10 %. Die 1 %-Regelung ist nicht auf § 7g EStG übertragbar.
Dient das Halten von Rennpferden überwiegend der persönlichen Repräsentation des Steuerpflichtigen, kann insoweit kein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden. Denn wegen des Repräsentationszwecks steht dem Vorsteuerabzug das Abzugsverbot des § 15 Abs. 1a UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG entgegen.
Hintergrund
X ist Manager einer von ihm beherrschten Unternehmensgruppe (KG). Er betrieb in den Streitjahren 2007 bis 2013 als Einzelunternehmer einen Pferderennstall.
Der Rennstall erzielte im Streitzeitraum fast nur Verluste. Er wurde vom Finanzamt einvernehmlich ertrag-steuerlich als Liebhabereibetrieb beurteilt.
Das Finanzamt ließ die Vorsteuerbeträge aus den Eingangsleistungen für den Rennstall nicht zum Abzug zu. Denn der Stall wurde von X im Rahmen seiner Freizeitgestaltung als private Leidenschaft und Hobby betrie-ben und diente überwiegend der persönlichen Repräsentation des X und in geringerem Umfang der KG.
Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied ebenfalls, dass X der Vorsteuerabzug für den Pferderennstall nicht zusteht. Die Würdigung des Finanzgerichts, dass das Halten von Rennpferden überwiegend der Repräsentation diente, war nicht zu beanstanden.
X hat, indem er Einnahmen aus dem Verkauf von Rennpferden erzielte, eine nachhaltige bzw. wirtschaftliche Tätigkeit mit dem Pferdestall ausgeübt. Damit konnte er grundsätzlich als Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein. Im Übrigen nahm er auch an Rennen mit platzierungsabhängigen Preisgeldern teil, die zu nichtsteuerbaren Umsätzen führen.
Der Vorsteuerabzug ist vorliegend allerdings nach § 15 Abs. 1a UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG aus-geschlossen. Der Aufwand des X wird seiner Art nach von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG (Jagd, Fischerei, Segel-jachten, Motorjachten, ähnliche Zwecke) erfasst. Das Finanzgericht hat "ähnliche Aufwendungen" i. S. v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG bejaht. Das Halten von Rennpferden hatte überwiegend der persönlichen Repräsen-tation des X wie auch – wenn auch in geringerem Umfang – der von ihm beherrschten KG gedient.
Da X somit keinen Vorsteuerabzug beanspruchen kann, ist die Frage, ob er für die umsatzsteuerliche Einordnung der Teilnahme an Rennen (mit platzierungsabhängigen Preisgeldern) als wirtschaftliche Tätigkeit Ver-trauensschutz beanspruchen kann, obsolet.
X schuldet die in Gutschriften ausgewiesene Steuer über nicht steuerbare Leistungen, für die platzierungsabhängige Preisgelder gezahlt wurden. In den Fällen des unrichtigen Steuerausweises, in denen über eine tatsächlich erbrachte Leistung abgerechnet wird, muss sich der Empfänger der Gutschrift die vom Aussteller unrichtig ausgewiesene Steuer zurechnen lassen, wenn er der Abrechnung mittels Gutschrift zugestimmt und der ihm übermittelten Gutschrift mit zu hohem Steuerausweis nicht widersprochen hat.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. In den Gutschriften wurde jeweils über die Leistung eines Unternehmers (X) abgerechnet und ein höherer Steuerbetrag, als er für den (nichtsteuerbaren) Umsatz geschuldet wird, gesondert ausgewiesen. Auch wenn X mit der Teilnahme an Rennen, für die platzierungsabhängige Preisgelder gezahlt wurden, insoweit nichtsteuerbare Umsätze ausgeführt hat, ist er im Übrigen wirtschaft-lich tätig geworden.
Bei Abschluss eines Zeitschriftenabonnements werden manchmal Sachprämien gewährt oder es wird z. B. eine DVD zur Zeitschrift beigegeben. Diese Beigabe stellt jeweils eine selbstständige Lieferung dar, wenn die DVD und die Zeitschrift unterschiedlichen Zwecken dienen, der Preis der DVD den Preis der Zeitung übersteigt, der Inhalt der DVD nicht extra für die Zeitschrift entwickelt wurde und die DVD unab-hängig und langfristiger als die Zeitschrift genutzt werden kann.
Hintergrund
Die Klägerin verkauft Zeitschriften eines Verlags im eigenen Namen. Wurden beim Abschluss von Zeitschrif-tenabonnements mit Privatkunden Neukunden durch Bestandskunden geworben, erhielt der Bestandskunde eine Sachprämie. Das gleiche gilt für Neu- und Bestandskunden, die selbst einen Abonnementvertrag ab-schlossen. Die Klägerin vertrieb auch eine reine Programmzeitschrift, teils auch mit beiliegender Film-DVD. Diese war innen in der Zeitschrift angebracht. Die beigegebenen DVDs wurden von der Klägerin nach Erwerb der erforderlichen Filmlizenzen selbst hergestellt.
Das Finanzamt stufte die Sachprämien und die DVDs als eigenständige Leistung ein und unterwarf diese dem Regelsteuersatz.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts handelt es sich bei der Lieferung der Sach-prämie und der DVD um eine eigenständige Lieferung zum Regelsteuersatz von 19 %. Dagegen unterliegt die Lieferung von Zeitungen dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.
Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für einen Durchschnittsverbraucher keinen eigenen Zweck hat, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbrin-gers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn 2 oder mehr Elemente geliefert werden, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Nach der Rechtsprechung teilt bei einer einheitlichen Leistung die unselbstständige Nebenleistung das steuerliche Schicksal der Hauptleistung.
Die Lieferung der Prämie verfolgt einen eigenen Zweck und stellt nicht nur das Mittel dar, um die Lieferung von Zeitschriften in einem Abonnement unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Eine rechtliche Verknüpfung durch die Regelung in einem einheitlichen Vertrag führt nicht zur Unterordnung einer Leistung gegenüber einer anderen Leistung. Dem steht nicht entgegen, dass die Sachprämie aus Sicht der Klägerin allein dazu dient, Kunden zum Abschluss eines Abonnementvertrags zu motivieren. Denn die subjektive Einordnung einer Leistung durch die Parteien, insbesondere durch die Klägerin als liefernde Unternehmerin, hat keinen Einfluss auf die umsatzsteuerliche Einordnung.
Deshalb handelt es sich um zwei isolierte Lieferungen, die durch ihre vertragliche Verknüpfung wirtschaftlich betrachtet "künstlich" miteinander verbunden werden.
Zeitschrift und DVD sind nicht so eng miteinander verbunden, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Sowohl die DVD als auch die Zeitschrift können grundsätzlich einzeln erworben werden. Vorliegend dienen die DVD und Zeitschrift unterschiedlichen Zwecken, da der Preis der DVD den Preis der Zeitung übersteigt, der Inhalt der DVD nicht extra für die Zeitschrift entwickelt wurde und die DVD unabhängig und langfristiger als die Zeitschrift genutzt werden kann.
Die DVD nimmt auch nicht Bezug auf die Zeitschrift. Es handelt sich meist nur um einen (normalen) Spielfilm. DVD und Zeitschrift dienen ebenso unterschiedlichen Zwecken, obwohl sie beide die Konsumenten unterhal-ten. Damit unterscheidet sich der Streitfall von einer speziell auf die Inhalte einer Computerzeitschrift abgestimmten DVD, die nur zusammen mit der Zeitschrift verkauft wird und einer CD, die zu einem verkauften Buch gehört und bei dem die CD dem Lesen des Buches dient.
Da die DVDs grundsätzlich einen eigenen Markt haben, würde es sich wettbewerbsverzerrend auswirken, wenn im Streitfall die DVD dem ermäßigten Steuersatz unterliegen würde.
Wird ein als Übersiedlungsgut zur Endverwendung angemeldeter Pkw vor Ablauf der 12-monatigen Verwendungsfrist verkauft, werden Einfuhrabgaben fällig. Dies gilt auch dann, wenn ein unfallbedingter wirtschaftlicher Totalschaden Grund für den Verkauf ist.
Hintergrund
Die Klägerin verlegte im Juli 2016 ihren Wohnsitz von der Schweiz nach Deutschland. Dabei meldete sie unter Verwendung des Formulars "0350 Zoll-Anmeldung für Übersiedlungsgut" am 27.7.2016 beim Hauptzoll-amt einen Pkw als Übersiedlungsgut zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr zur Endverwendung an.
Die Zollbehörde wies darauf hin, dass die Waren ohne vorherige Unterrichtung der Überwachungszollstelle nicht vor dem 26.7.2017 veräußert werden dürften. Bei Weitergabe vor Ablauf dieser Frist würden Einfuhrabgaben erhoben.
Im Rahmen einer Steueraufsichtsmaßnahme stellte das Hauptzollamt später fest, dass die Klägerin das Fahrzeug am 28.2.2017 – und damit vor Ablauf der 12-monatigen Verwendungsfrist – wegen eines wirtschaftlichen Totalschadens infolge eines Unfalls verkauft hat. Die Überwachungszollstelle wurde darüber nicht informiert. Daraufhin wurde ein Einfuhrabgabenbescheid erlassen. Gegen diesen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass eine Befreiung von den Einfuhrabgaben nicht eingreift. Zwar ist das Übersiedlungsgut natürlicher Personen, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in das Zoll-gebiet der Gemeinschaft verlegen, von den Eingangsabgaben befreit. Jedoch darf das Übersiedlungsgut vor Ablauf einer Frist von 12 Monaten nach Annahme des Antrags auf Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr ohne vorherige Unterrichtung der zuständigen Behörden weder verliehen, verpfändet, vermietet, veräußert noch überlassen werden.
Bei pflichtwidriger Verfügung über das Übersiedlungsgut – namentlich bei Veräußerung vor Ablauf der 12-Monatsfrist – werden die Eingangsabgaben auf die betreffenden Waren nach den zum Zeitpunkt der Veräußerung geltenden Sätzen, nach der Beschaffenheit und dem Zollwert erhoben, die von den zuständigen Behörden zu diesem Zeitpunkt festgestellt oder anerkannt werden.
Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Einfuhrzollschuld entstanden, indem die Klägerin ihren Pkw ohne vorherige Unterrichtung der Zollbehörden am 28.2.2017 und damit vor Ablauf der 12-Monatsfrist veräußert hat. Mit der vorzeitigen Veräußerung wurde letztlich die Verpflichtung in Bezug auf die Endverwen-dung der Ware nicht erfüllt.
Die von der Klägerin angeführten Gründe für die Veräußerung stehen der Entstehung der Einfuhrabgaben nach Ansicht des Gerichts nicht entgegen. Für die Veräußerung des Fahrzeugs waren zwar wirtschaftliche Gründe maßgeblich, nämlich der unfallbedingte wirtschaftliche Totalschaden sowie die zivilrechtliche Obliegenheit zur Schadensminderung. Dies ändere jedoch nichts daran, dass es sich um einen Veräußerungsvor-gang, mithin um einen bewussten und gewollten Vorgang gehandelt habe.
Voraussetzung für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben ist zum einen, dass sie kurze Zeit vor Beginn bzw. kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit gezahlt werden. Zum anderen müssen sie aber auch in diesem Zeitraum fällig geworden sein.
Hintergrund
X führt einen Gewerbebetrieb mit Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für Mai bis Juli 2017 leistete er verspätet erst am 9.1.2018. Trotzdem machte X die Zahlungen noch als Betriebsausgaben für 2017 geltend.
Das Finanzamt versagte den Abzug und erhöhte den Gewinn entsprechend. Denn die Ausgaben waren nicht rund um die Jahreswende 2017/2018, sondern weit vorher fällig geworden. Damit lagen die Abzugsvoraus-setzungen eines Abflusses kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres nicht vor.
Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamts und wies die Klage ab.
Mit der Revision machte X geltend, das Erfordernis, dass die regelmäßig wiederkehrende Ausgabe kurze Zeit vor oder nach Beendigung des betroffenen Kalenderjahres fällig geworden sein muss, ist § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht zu entnehmen. Es kommt deshalb lediglich auf die wirtschaftliche Zuordnung der Ausgabe und den Zeitpunkt der Zahlung an.
Entscheidung
Die Revision hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Zahlungen erst für das Jahr 2018 zu berücksichtigen sind. Die Voraussetzungen für eine hiervon abweichende zeitliche Zuordnung der Zahlungen als regelmäßig wiederkehrende Ausgaben liegen nicht vor.
Bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung gilt für den Betriebsausgabenabzug das Abflussprinzip. Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet wurden. Auf die Fälligkeit kommt es grundsätzlich nicht an. Somit war trotz der bereits im Jahr 2017 eingetretenen Fälligkeit nach dem Abflussprinzip der Be-triebsausgabenabzug erst für 2018 möglich.
Nach dem Ausnahmetatbestand in § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben in dem Kalenderjahr abzusetzen, zu dem sie wirtschaftlich gehören, soweit sie kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres geleistet wurden (10-Tage-Zeitraum). Zwar handelt es sich bei Umsatz-steuer-Vorauszahlungen um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben. Zudem gehörten die Vorauszahlungen im Streitfall wirtschaftlich ins Jahr 2017. Es fehlt jedoch an der weiteren Voraussetzung, dass die Ausgabe kurze Zeit vor Beginn bzw. kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit fällig geworden ist.
Der Bundesfinanzhof hat bereits mehrfach vertreten, dass regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Aus-gaben nur zu berücksichtigen sind, wenn sie (über den Wortlaut von § 11 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 EStG hinaus) innerhalb des 10-Tage-Zeitraums vor oder nach Ende des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zuge-hörigkeit fällig geworden sind.
Die Finanzverwaltung verlangt ebenfalls die Fälligkeit innerhalb des 10-Tage-Zeitraums.
Diese Auffassung vertritt ganz überwiegend auch das Schrifttum.
Der Bundesfinanzhof schließt sich nunmehr der herrschenden Meinung zum Erfordernis der Fälligkeit innerhalb des 10-Tages-Zeitraums an. Dafür sprechen systematische und teleologische Erwägungen. Mit der Aus-nahme vom Zu- und Abflussprinzip sollen Zufälligkeiten vermieden werden, die entstehen würden, wenn man die Zahlung mal in dem einen oder mal in dem anderen Jahr berücksichtigen würde.
Wird eine ratenweise Bezahlung einer Vermittlungsleistung in den Folgejahren vereinbart, begründet dies keine Uneinbringlichkeit i. S. v. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG.
Hintergrund
Die T-GmbH (Auftraggeberin) hatte die X (Auftragnehmerin) beauftragt, im Rahmen eines Grundstückskaufs zu vermitteln. X war von Januar bis September 2012 tätig. Der Grundstückskaufvertrag wurde im Jahr 2012 abgeschlossen. Vereinbart war ein Honorar von netto 1 Mio. EUR, das in 5 Teilbeträgen von netto 200.000 EUR im Abstand von jeweils einem Jahr gezahlt werden sollte. Der erste Teilbetrag war am 30.6.2013 fällig. X erstellte jeweils zum Fälligkeitszeitpunkt Rechnungen über die Teilbeträge und versteuerte entsprechend der Vereinnahmung beginnend im Jahr 2013.
Das Finanzamt ging davon aus, dass X aufgrund der im Jahr 2012 erbrachten Vermittlungsleistung das ge-samte Vermittlungshonorar bereits im Jahr 2012 zu versteuern hatte.
Das Finanzgericht gab der Klage überwiegend statt. Im Jahr 2012 war lediglich der im Folgejahr (Juni 2013) fällige erste Teilbetrag von 200.000 EUR zu erfassen. Im Übrigen war wegen der hinausgeschobenen Fälligkeit über mehr als 2 Veranlagungszeiträume von einer Uneinbringlichkeit nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG auszugehen.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Es liegt keine Uneinbringlichkeit i. S. v. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG vor.
Die Nichtbezahlung eines Teilbetrags der Vergütung vor seiner Fälligkeit bei Vorliegen einer Ratenzahlungsvereinbarung ist nicht als Nichtbezahlung des Preises einzustufen. Sie mindert deshalb nicht die Bemessungsgrundlage. Eine vor ihrem Zahlungstermin nicht fällige Honorarrate ist nicht gleichzusetzen mit der nur teilweisen Erfüllung der bestehenden Forderung.
Dem schließt sich der Bundesfinanzhof für die Auslegung des Begriffs der Uneinbringlichkeit in § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG an. Die Uneinbringlichkeit liegt somit nicht bereits aufgrund der Vereinbarung einer Ratenzahlung vor. Damit erweist sich das Urteil des Finanzgerichts, wonach bei einer hinausgeschobenen Fälligkeit über mehr als 2 Besteuerungszeiträume Uneinbringlichkeit anzunehmen ist, als unzutreffend.
§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 UStG ordnet eine Steuerentstehung mit Leistungsausführung auch für Teilleistungen an. Teilleistungen liegen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird.
Im Streitfall ist offen, ob die Voraussetzungen für eine Teilleistung vorliegen. Zwar ist das Finanzgericht von einer nur "einmaligen Leistung" ausgegangen. Das Finanzgericht hat dies damit begründet, dass eine abweichende Auslegung der Honorarvereinbarung, wie die X dies mit einer nachträglich gefertigten Ergänzungsvereinbarung erreichen möchte, nicht in Betracht kommt. Denn aus dieser ergibt sich nicht, ob die darin getroffenen Vereinbarungen bereits zum Zeitpunkt der ursprünglichen Honorarvereinbarung bestanden ha-ben. Damit käme es zur Steuerentstehung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG (Sollbesteuerung).
Diese Würdigung ist aber für den Senat nicht bindend, da die X als Revisionsbeklagte hierzu eine zulässige und begründete Verfahrensgegenrüge erhoben hat.
Das Finanzgericht wird neben der Auslegung der schriftlich abgeschlossenen Vereinbarungen auch zusätzliche Erkenntnisse aus einer weitergehenden Beweiserhebung berücksichtigen müssen.
Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft auf einen beschränkt Steuerpflichtigen unentgeltlich übertragen, ist das Recht Deutschlands zur Besteuerung der in den übertragenen Anteilen ruhenden stillen Reserven nicht ausgeschlossen oder beschränkt.
Hintergrund
Der Vater V übertrug im Jahr 2009 an seinen Sohn S, der die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besaß und im Zeitpunkt der Übertragung in den USA ansässig war, einen Geschäftsanteil an einer GmbH mit Sitz im Inland. Das Vermögen der GmbH bestand überwiegend aus im Inland belegenem Grundvermögen. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang hatte V weitere Geschäftsanteile an der GmbH an seine Ehefrau E über-tragen.
Das Finanzamt behandelte die Übertragungen auf S und E als teilentgeltliche Erwerbe und setzte für V einen steuerpflichtigen Übertragungsgewinn für die Übertragung auf S und E an.
Für den unentgeltlichen Teil der Übertragung auf S bejahte das Finanzamt die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG. Es ermittelte einen (weiteren) Veräußerungsgewinn und setzte die Einkommensteuer für V entsprechend fest.
Das Finanzgericht folgte dem Finanzamt und wies die gegen die Wegzugsbesteuerung gerichtete Klage des V ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof sah § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG im Streitfall als erfüllt an und entschied, dass eine einschränkende Auslegung nicht in Betracht kommt.
V hat die Anteile an der GmbH, an der er innerhalb der letzten 5 Jahre zu mindestens 1 % beteiligt war, durch teilweise unentgeltliches Rechtsgeschäft auf seinen nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Sohn S übertragen. Damit sind bei V dem Wortlaut nach die Voraussetzungen der Wegzugsbesteuerung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG erfüllt.
§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG ist weder aus teleologisch-historischen noch aus systematischen Gründen einschränkend dahingehend auszulegen, dass durch die unentgeltliche Anteilsübertragung auf einen beschränkt Steuerpflichtigen das Recht Deutschlands zur Besteuerung der in den unentgeltlich übertragenen Anteilen ruhenden stillen Reserven ausgeschlossen oder beschränkt werden müsste.
Die mit der Revision verfolgte einengende Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG ist auch nicht aus ver-fassungsrechtlicher Sicht geboten. Denn eine verfassungskonforme Auslegung scheidet aus, wenn sie dem Wortlaut der auszulegenden Norm sowie dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes widerspricht.
Die Norm durchbricht zwar das Realisationsprinzip, nach dem Wertzuwächse grundsätzlich erst bei einer transaktionsbezogenen Gewinnrealisierung erfasst werden dürfen. Jedoch ist ausnahmsweise die Abrechnung der vorhandenen stillen Reserven bereits vorher ohne Transaktion zulässig, wenn ein späterer Steuerzugriff (z. B. aufgrund von DBA) nicht mehr oder nur eingeschränkt möglich wäre. § 6 Abs. 1 AStG verlagert damit lediglich die Besteuerung zeitlich vor, die nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e EStG grundsätzlich vorgesehen ist.
Die einengende Auslegung ist im Streitfall auch nicht unionsrechtlich geboten. Zwar ist bei einer Schenkung von Anteilen die Kapitalverkehrsfreiheit einschlägig. Damit stellt sich jedoch nicht die Frage der Rechtfertigung der sofortigen Entstrickungsbesteuerung nach § 6 AStG. Denn die sog. Standstill-Klausel greift ein, weil mit der Übertragung der Anteile von V auf S eine Direktinvestition vorliegt und § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG für Schenkungen seit dem Stichtag (31.12.1993) unverändert gegolten hat. V kann sich damit nicht auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen.
Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 24 Abs. 1 DBA-USA (Verbot der höheren Besteuerung von Staatsangehörigen des anderen Vertragsstaats) vor. Dieses Verbot greift schon deshalb nicht ein, weil die Steuerpflicht des V nicht an die Staatsangehörigkeit, sondern an den Wohnsitz und den gewöhnlichen Aufenthalt des S als Erwerber anknüpft.
Wird die Einkommensteuer-Erklärung bei einem unzuständigen Finanzamt abgegeben, kann dies für die Beendigung der Anlaufhemmung genügen. Voraussetzung ist, dass das unzuständige Finanzamt seine Fürsorgepflicht verletzt, indem es die Erklärung lediglich zu den Akten nimmt und nicht weiterleitet, obwohl ihm die zuständige Behörde bekannt ist.
Hintergrund
Kläger X ist Insolvenzverwalter über den Nachlass des M. Das Insolvenzverfahren wurde 2008 eröffnet.
M war selbstständiger Architekt. Für die gesonderte Feststellung der freiberuflichen Einkünfte war das Finanzamt H zuständig. Das Finanzamt A war für die Einkommensteuer-Veranlagung zuständig.
Nach dem Tod des M im Jahr 2020 schätzte das Finanzamt A den Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit für 2010 auf 0 EUR und setzte die Einkommensteuer auf 0 EUR fest, da trotz Aufforderung keine Einkommens-teuer-Erklärung abgegeben wurde.
Auch nach mehrmaliger Aufforderung zur Abgabe der Feststellungs- und Einkommensteuer-Erklärung durch das Finanzamt H wurden keine Erklärungen eingereicht. Das Finanzamt H schätzte daher den Gewinn auf 1,6 Mio. EUR. Das Finanzamt H hatte zuvor Fristverlängerungsanträge – ausdrücklich auch für die Einkommens-teuer-Erklärung – abgelehnt.
Im Jahr 2011 reichte X die Gewinnermittlung für die freiberufliche Tätigkeit beim Finanzamt H ein. Beigefügt war eine an das Finanzamt H gerichtete auf amtlichem Vordruck gefertigte Einkommensteuer-Erklärung, die in der Anlage S einen Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit von 900.000 EUR auswies.
Das Finanzamt H erließ daraufhin im Oktober 2011 einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid und reduzierte die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit auf 900.000 EUR. Die Einkommensteuer-Erklärung 2010 nahm das Finanzamt H lediglich zu den Akten. Es leitete die Erklärung weder an das Finanzamt A weiter noch informierte es über deren Eingang.
Wegen eines Fehlers hob das Finanzamt H den Gewinnfeststellungsbescheid auf und erließ im Jahr 2012 einen geänderten Feststellungsbescheid mit einer entsprechenden Mitteilung an das Finanzamt A. Im Anschluss hieran erließ das Finanzamt A im Jahr 2013 einen Einkommensteuer-Änderungsbescheid, in dem es Einkünfte aus selbstständiger Arbeit laut gesonderter Feststellung i. H. v. 900.000 EUR ansetzte.
Nachdem X mitgeteilte hatte, diesen Bescheid nicht erhalten zu haben, erließ das Finanzamt A erst am 6.10.2016 einen geänderten Einkommensteuer-Bescheid, mit dem es die Einkommensteuer auf 400.000 EUR (u. a. wegen Berücksichtigung einer KG-Beteiligung des M) festsetzte.
Hiergegen wandte X Festsetzungsverjährung ein. Nach Abgabe der Einkommensteuer-Erklärung beim Finanz-amt H am 19.10.2011 stand dem Einkommensteuer-Änderungsbescheid des Finanzamts A vom 6.10.2016 der Ablauf der 4-jährigen Festsetzungsfrist zum 31.12.2015 entgegengestanden.
Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg.
Entscheidung
Und auch der Bundesfinanzhof gab dem Kläger Recht. Er entschied, dass vorliegend die Abgabe der Einkommensteuer-Erklärung 2010 bei dem für die Einkommensteuer-Veranlagung unzuständigen Finanzamt H am 19.10.2011 ausnahmsweise bewirkte, dass die Festsetzungsfrist bereits mit Ablauf des Kalenderjahres 2011 zu laufen begonnen hat. Die Festsetzungsfrist endete daher mit Ablauf des 31.12.2015.
X hat als Insolvenzverwalter eine teils unvollständige, aber gleichwohl wirksame Einkommensteuer-Erklärung abgegeben. Der Vordruck enthielt die erforderlichen Mindestangaben zu M, um ein ordnungsgemäßes Veranlagungsverfahren in Gang zu setzen.
Die Anlaufhemmung wird grundsätzlich nur durch die Abgabe der Erklärung beim zuständigen Finanzamt beendet. Wird die Erklärung bei einer unzuständigen Finanzbehörde eingereicht, wird die Anlaufhemmung erst beendet, wenn das zuständige Finanzamt die Erklärung erhält, da es erst dann in der Lage ist, die Veran-lagung fristgerecht durchzuführen.
Im Streitfall liegen jedoch besondere Umstände vor. Denn das Finanzamt H hat seine Fürsorgepflicht gegenüber dem X schwerwiegend verletzt, indem es die am 19.10.2011 bei ihm eingereichte Einkommensteuer-Erklärung zu den Akten genommen hat, ohne sie zeitnah an das bekanntermaßen zuständige Finanzamt A weiterzuleiten oder den X zumindest über die unterbliebene Weiterleitung zu informieren. Die Pflichtverlet-zung ist gravierend, zumal das Finanzamt H in der Ablehnung der von X begehrten Fristverlängerung für die Abgabe der Einkommensteuer-Erklärung am 19.09.2011 selbst den Anschein seiner Zuständigkeit erweckt hatte.
Bei einem Verstoß gegen die Fürsorgepflicht ist der Steuerpflichtige so zu stellen, als wäre der Verstoß nicht passiert. Demnach ist der X so zu behandeln, als habe das Finanzamt H die Einkommensteuer-Erklärung 2010 im Zuge eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs und damit noch im Oktober 2011 an das Finanzamt A weitergeleitet und dieses damit in die Lage versetzt, die Einkommensteuer-Veranlagung für das Streitjahr durchzuführen. Dies hat zur Folge, dass die 4-jährige Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.2011 begonnen hat und am 31.12.2015 abgelaufen ist, sodass insbesondere die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit im Einkommensteuer-Bescheid 2010 vom 6.10.2016 nicht mehr erfasst werden durften.
Rückzahlungsvereinbarungen über Fortbildungskosten sind zwar grundsätzlich zulässig. Eine Rückzahlungspflicht bei einer gesundheitsbedingten Eigenkündigung benachteiligt jedoch die betroffene Arbeitnehmerin unangemessen, sodass die Rückzahlungsverpflichtung unwirksam sein kann.
Hintergrund
Von Juni 2017 bis Januar 2020 war die Klägerin als Altenpflegerin in einer Reha-Klinik beschäftigt. Im Jahr 2019 nahm sie an einer Fortbildung zum "Fachtherapeut Wunde ICW" an 18 Arbeitstagen teil. Der mit dem Arbeitgeber geschlossene Fortbildungsvertrag regelte, dass der Arbeitgeber die Kosten übernimmt, während die Arbeitnehmerin sich für mindestens 6 Monate nach dem Ende der Fortbildung zu einer Bindung an den Arbeitgeber verpflichtete. Für den Fall einer vorzeitigen Eigenkündigung wurde zudem eine Rückzahlungspflicht vereinbart.
Als die Klägerin nach erfolgreich abgeschlossener Fortbildung fristgerecht zu Februar 2020 kündigte, forderte der Arbeitgeber im Hinblick auf die Rückzahlungsklausel im Vertrag, die Kosten von ihr anteilig zurück. Die Klägerin verweigerte dies mit der Begründung, dass sie aus gesundheitlichen Gründen gekündigt hatte. Die Klausel benachteiligte sie unangemessen, da sie das Arbeitsverhältnis unverschuldet nicht weiterführen konnte.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht erklärte die Klausel zur Rückzahlungsverpflichtung im Fortbildungsvertrag für unwirksam, da sie die Klägerin unangemessen benachteiligte. Rückzahlungsvereinbarungen über Fortbildungskosten sind zwar grundsätzlich zulässig sind. Im Einzelfall könnten sie Arbeitnehmende jedoch unangemessen benachteiligen. Insbesondere ist es nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht allein an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung der Beschäftigten innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen.
Hier muss vielmehr nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden. Eine Verpflichtung zur Kostenübernahme bei vorzeitigem Ausscheiden benachteiligt Arbeitnehmende unangemessen, wenn diese es nicht in der Hand haben, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen, wie z. B. bei vertragswidrigem Verhalten des Arbeitgebers. Gleiches ist anzunehmen, wenn es Arbeitnehmern wie im vorliegenden Fall krankheitsbedingt unverschuldet und auf Dauer nicht möglich ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Auch dann ist eine Bindung der Beschäftigten an das Arbeitsverhältnis unangemessen und nicht gerechtfertigt.
Bei einem Betriebsübergang können Beschäftigte einen Anspruch auf Wiedereinstellung durch den Be-triebsnachfolger haben. Dieser Anspruch erlischt jedoch bei einer Insolvenz spätestens mit Insolvenzeröffnung.
Hintergrund
Der Arbeitnehmer war seit 1986 als Versandleiter bei einem Betten- und Matratzenhersteller mit rund 300 Beschäftigten tätig. 2018 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wirksam zu Ende Juli 2019 aus betriebsbedingten Gründen wegen der geplanten Stilllegung des Betriebs.
Noch während der Kündigungsfrist kam es nach Ansicht des Arbeitnehmers zu einem Betriebsübergang. Ent-gegen den ursprünglichen Planungen war der Betrieb nicht stillgelegt, sondern die Produktion der Matratzen und Betten mit den vorhandenen Maschinen und Produktionsstraßen ab August 2019 von einem neuen Ar-beitgeber ausgeführt worden.
Der Arbeitnehmer verlangte daher von dem neuen Arbeitgeber, der etwa 20 Arbeitnehmer beschäftigte, seine Wiedereinstellung. Gegen eine von diesem vorsorglich erklärte Kündigung erhob er fristgerecht Kündigungsschutzklage. Während des Berufungsverfahrens wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des neuen Arbeitgebers eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Das Verfahren wurde dadurch unterbro-chen. Der Arbeitnehmer erklärte mit Schriftsatz vom 29.6.2020 die Aufnahme des Verfahrens. Der Insolvenzverwalter widersprach der Aufnahme.
Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass in der Insolvenz des Arbeitgebers kein Wiedereinstellungsan-spruch des Arbeitnehmers besteht. Wenn ein solcher Anspruch vor Insolvenzeröffnung bereits gegenüber dem insolventen Arbeitgeber entstanden ist, erlischt er mit Insolvenzeröffnung. Denn die Insolvenzordnung bindet den Insolvenzverwalter nur an bereits vom insolventen Arbeitgeber begründete Arbeitsverhältnisse. Es gibt für den Insolvenzverwalter keinen Zwang zum Abschluss eines Arbeitsvertrags. Einen solchen Zwang kann nur der Gesetzgeber anordnen.
Die Revision des Arbeitnehmers hatte jedoch aus prozessualen Gründen Erfolg. Der Wiedereinstellungsanspruch kommt zum Tragen, wenn sich die bei Zugang der Kündigung noch zutreffende Prognose des Arbeitgebers, dass der Beschäftigungsbedarf bei Ablauf der Kündigungsfrist entfällt, etwa wegen eines Betriebsübergangs, als fehlerhaft erweist. Zwar besteht ein solcher Anspruch in der Insolvenz nicht, sodass der Rechtsstreit an sich nicht ZPO unterbrochen wird.
Da im vorliegenden Fall jedoch mit dem Wiedereinstellungsanspruch zugleich die Wirksamkeit der Kündi-gung angegriffen wird, führt das auch zur Unterbrechung des Rechtstreits über die Wiedereinstellung. Umgekehrt hat die Aufnahme des Kündigungsrechtsstreits, für die es genügt, dass bei Obsiegen des Arbeitneh-mers Masseverbindlichkeiten entstehen können, auch die Aufnahme des Streits über die Wiedereinstellung zur Folge.
Werden GmbH-Anteile eingezogen, bewirkt dies eine Werterhöhung der Anteile der verbleibenden Gesellschafter. Dies gilt als Schenkung, und zwar auch dann, wenn es sich nicht um eine Zwangseinziehung von Anteilen handelt.
Hintergrund
X und 3 weitere Personen (A, B, C) waren Gesellschafter einer GmbH mit einer Stammeinlage von je 81.000 EUR. Nach dem Gesellschaftsvertrag war die Einziehung von Geschäftsanteilen mit Zustimmung des be-troffenen Gesellschafters jederzeit zulässig, ohne Zustimmung war sie unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Mit notariellem Vertrag beschlossen die 4 Gesellschafter einstimmig die Einziehung des Geschäftsanteils des A zum 31.12.2007. Als Einziehungsvergütung hatte die GmbH an A 75.000 EUR in 75 gleichen Monatsraten zu zahlen. Die Nennbeträge der verbleibenden 3 Geschäftsanteile wurden jeweils um 27.000 EUR auf 108.000 EUR aufgestockt.
Nachdem das Betriebsstätten-Finanzamt der GmbH den Wert des eingezogenen Anteils mit 204.930 EUR gesondert festgestellt hatte, setzte das Finanzamt gegenüber einem der verbliebenen Gesellschafter (X) wegen der Werterhöhung seines GmbH-Anteils Schenkungsteuer fest. Es ermittelte den Unterschiedsbetrag zwischen dem festgestellten Anteilswert und der (abgezinsten) Einziehungsvergütung und berücksichtigte diesen Wert zu einem Drittel.
X war der Ansicht, als Schenkung gelten nur Zwangseinziehungen, die ohne Zustimmung des Gesellschafters erfolgten.
Das Finanzgericht folgte dem Finanzamt und wies die Klage ab. Der Begriff der Einziehung erfasst nicht nur die Zwangseinziehung eines Geschäftsanteils, sondern auch die Einziehung mit Zustimmung des Anteilsberechtigten.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof bestätigt die Auffassung des Finanzamts und des Finanzgerichts. Die Werterhöhung durch die Einziehung des Geschäftsanteils des A unterliegt bei X zu einem Drittel der Schenkungsteuer.
Wird auf Grund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag einer GmbH der Geschäftsanteil eines Gesellschafters bei dessen Ausscheiden eingezogen und übersteigt der Wert seines Anteils zur Zeit seines Ausscheidens den Abfindungsanspruch, gilt die insoweit bewirkte Werterhöhung der Anteile der verbleibenden Gesellschafter als Schenkung des ausgeschiedenen Gesellschafters. Die Einziehung (Amortisation) bedarf stets einer Grund-lage im Gesellschaftsvertrag. Sie ist aber auch ohne Zustimmung des Anteilsberechtigten (Zwangseinziehung) möglich.
Weder dem Wortlaut ("eingezogen") noch der Systematik oder dem Zweck des § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG ist eine Beschränkung auf die Zwangseinziehung zu entnehmen. Mit einem derart engen Verständnis des § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG verbliebe eine Gesetzeslücke, die die Vorschrift für Wertverschiebungen durch Ausscheiden eines Gesellschafters gerade schließen wollte. Die Lücke ergäbe sich daraus, dass § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auf Einziehungen nicht anwendbar ist. Denn es fehlt an der erforderlichen Verschiebung der Vermögenssub-stanz. Auch die Einziehung mit Zustimmung bewirkt keinen derivativen Erwerb des Anteils durch rechtsgeschäftliche Übertragung. Vielmehr führt sie bei zunächst unverändertem Stammkapital zur Vernichtung des Geschäftsanteils.
Die in § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG enthaltene Wendung "auf Grund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag" schränkt die Reichweite der Vorschrift nicht ein. Sie enthält keine Begrenzung auf bestimmte Regelungen im Gesellschaftsvertrag, etwa auf Regelungen zur Zwangseinziehung.
Haben mehrere Erblasser denselben Vorerben und nach dessen Tod denselben Nacherben eingesetzt, kann der Nacherbe für alle der Nacherbfolge unterliegenden Erbmassen insgesamt nur einen Freibetrag in Anspruch nehmen.
Hintergrund
1966 verstarb der Großvater, 1992 die Großmutter der Geschwister X. Die Großeltern hatten jeweils die Tante der X als Vorerbin und auf deren Tod u. a. die X als Nacherben eingesetzt. Die Tante verstarb 2015 und wurde ihrerseits u. a. durch die X als Miterben beerbt. Der Vater der X war bereits vor der Vorerbin verstorben.
In der Erbschaftsteuer-Erklärung stellten die X Anträge, der Versteuerung der Nacherbfälle ihr Verwandtschaftsverhältnis zu den Großeltern zugrunde zu legen.
Das Finanzamt berücksichtigte in den Erbschaftsteuer-Bescheiden gegenüber den X Freibeträge von 400.000 EUR pro Erben (Enkel der verstorbenen Erblasser bei vorverstorbenem Vater). Die X wandten dagegen ein, jedem von ihnen stehe der Freibetrag i. H. v. 400.000 EUR 2-mal zu, nämlich ein Freibetrag für jede Nacherbschaft, da es sich jeweils um 2 selbstständige Nacherbschaften (einmal nach dem Großvater und einmal nach der Großmutter) handelte.
Das Finanzgericht wies die Klagen der X ab. Einem Nacherben ist auch für mehrere gleichzeitig von demselben Vorerben angefallene Nacherbschaften nur ein Freibetrag zu gewähren. Auch bei mehreren Nacherb-schaften liegt erbschaftsteuerrechtlich lediglich ein einheitlicher Erwerb vom Vorerben vor.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung des Finanzamts und des Finanzgerichts. Auch bei mehreren Nacherbschaften steht dem Nacherben insgesamt lediglich ein Freibetrag zu.
Während zivilrechtlich der Vorerbe und der Nacherbe zwar nacheinander, aber beide vom ursprünglichen Erblasser erben, gilt erbschaftsteuerrechtlich der Vorerbe als Erbe und der Nacherbe als dessen Erbe. Die Vorschrift fingiert für erbschaftsteuerrechtliche Zwecke, dass der Nacherbe Erbe des Vorerben wird. Die Besteuerungsmerkmale sind im Verhältnis zur Person des Vorerben und nicht des Erblassers anzuwenden.
Geht beim Tod des Vorerben neben dem zur Nacherbschaft gehörenden Vermögen zugleich eigenes Vermögen des Vorerben auf den Nacherben über, weil der Nacherbe gleichzeitig Erbe nach dem Vorerben ist, liegen zivilrechtlich 2 Erbfälle vor (einer nach dem Erblasser und ein weiterer nach dem Vorerben). Erbschaftsteuerrechtlich handelt es sich gleichwohl um einen einheitlichen Erwerb vom Vorerben.
Haben mehrere Erblasser (hier die Großeltern) denselben Vorerben (hier die Tante) und auf dessen Tod denselben Nacherben (hier die Geschwister X) eingesetzt, steht dem Nacherben auf Antrag für alle der Nacherbfolge unterliegenden Erbmassen insgesamt lediglich ein Freibetrag zu, der sich nach dem Verhältnis zu dem-jenigen Erblasser richtet, für den es der Nacherbe beantragt. Soweit dieser Freibetrag nicht verbraucht ist, verbleibt ein Freibetrag für das Vermögen des Vorerben.
Mit der Nacherbfolge tritt erbschaftsteuerrechtlich eine Verschmelzung des Vermögens des Vorerben mit dem der Nacherbfolge unterliegenden Vermögen ein. Beim Tod des Vorerben findet ein einziger Erwerbsvorgang statt, für den auch nur ein einziger Freibetrag gewährt werden kann. § 6 Abs. 2 Satz 4 ErbStG bringt mit der Formulierung "der Freibetrag für das der Nacherbfolge unterliegende Vermögen" zum Ausdruck, dass es unabhängig von der Anzahl der Erblasser für das gesamte der Nacherbfolge unterliegende Vermögen immer nur einen einzigen Freibetrag geben kann. § 6 Abs. 2 Satz 4 ErbStG bezweckt, dem Nacherben lediglich den Freibetrag zu gewähren, der dem für ihn günstigsten in Betracht kommenden Freibetrag entspricht.
Die etwaigen Näheverhältnisse zwischen dem Erben und mehreren (ursprünglichen) Erblassern, auf die die Nacherbschaften zurückgehen, erfordern keine kumulative Berücksichtigung mehrerer Freibeträge. Bereits die Deckelung des für den Erwerb vom Vorerben geltenden Freibetrags zeigt, dass das Näheverhältnis des Erben, der gleichzeitig Nacherbe ist, zu jedem Erblasser zwar grundsätzlich berücksichtigt werden kann, diese Berücksichtigung aber nur bis zu dem für den Nacherben günstigsten Freibetrag reichen soll. Wenn beim Zusammentreffen einer Nacherbschaft mit einem Erwerb direkt vom Vorerben die Freibeträge in dieser Weise begrenzt werden, spricht dies dafür, auch beim Zusammentreffen mehrerer Nacherbschaften den anzu-wendenden Freibetrag für den Erwerb insgesamt auf den für den Nacherben günstigsten zu begrenzen und einen solchen Erwerb damit im Vergleich zum Erwerb eigenen Vermögens des Vorerben nicht zu privilegieren.